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Nachfrage nach Service-Wohnen höher als Angebot

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„Die Versorgung unterstützungsbedürftiger / pflegebedürftiger Menschen in Remscheid muss durch ein ausreichendes Hilfsangebot sichergestellt sein. Dies bezieht sich auf Menschen aller Altersstufen, wobei hilfebedürftige Personen in höherem Lebensalter die weitaus größte Gruppe bilden.“ Diese Sätze stehen am Anfang eines 120 Seiten umfassenden „Berichts zur Versorgung unterstützungsbedürftiger / pflegebedürftiger Menschen in Remscheid“. Geschrieben hat ihn Thomas Köppchen, im städtischen Fachdienst Jugend, Soziales und Wohnen zuständig für die örtliche Sozial- und Altenhilfeplanung. Das im Oktober 2014 in Kraft getretene Alten- und Pflegegesetz (APG NRW) verpflichtet die Kommunen, alle zwei Jahre eine Bestandsaufnahme der örtlichen Pflegeangebote zu veröffentlichen. Der erste Bericht zum Stichtag 31.12.2015, den Köppchen gestern den Mitgliedern des Sozialausschusses vorlegte, der dort aber erst in der nächsten Sitzung behandelt werden wird, umfasst komplementäre Hilfen, Wohn- und Pflegeformen sowie zielgruppenspezifische Angebote „zur Sicherstellung eines würdevollen, inklusiven und selbstbestimmten Lebens, bürgerschaftlichen Engagements und des Gesundheitswesens“. Übergeordnete Themen sind, wie im Gesetz vorgeschrieben, die Weiterentwicklung der örtlichen Infrastruktur, konkret: eine altengerechte Quartiersentwicklung.

Das Betreute Wohnen – teilweise auch Service-Wohnen genannt - und auch Seniorenwohnanlagen „erfreuen sich in Remscheid weiterhin großer Beliebtheit“, heißt es in dem Bericht. Die starke Nachfrage zeige sich am kontinuierlich wachsenden Wohnungsangebot: „Während es in Remscheid im Jahr 2001 insgesamt 342 Wohneinheiten gab, hat sich die Anzahl bis Ende 2015 auf 751 Wohneinheiten (21 Objekte) erhöht. (...) Da die Objekte barrierefrei oder barrierearm sind und das Wohnangebot sowie die Lage i.d.R. den Bedürfnissen der Mieter entsprechen, ist die Nachfrage in den meisten Häusern weiterhin deutlich höher als das Angebot.“ Die 751 Wohnungen des Betreuten Wohnens in insgesamt 21 Objekten (geplant sind weitere 226 Wohnungen in sechs Bauprojekten) verteilen sich im Stadtgebiet wie folgt:

  • Stadtbezirk 1 – Alt-Remscheid: 390 Wohnungen in zehn Objekten (geplant sind weitere 120 Wohnungen in drei Bauprojekten)
  • Stadtbezirk 2 - Süd: 214 Wohnungen in fünf Objekten
  • Stadtbezirk 3 - Lennep: 77 Wohnungen in drei Objekten (59 weitere Wohnungen an der Albrecht-Thaer-Straße / „Tuchwiese“kurz vor der Fertigstellung und teilweise bereits vermietet)
  • Stadtbezirk 4 - Lüttringhausen: 70 Wohnungen in drei Objekten ((geplant sind 49 weitere Wohnungen in zwei Bauprojekten).

In Alt-Remscheid liegt die Versorgungsquote – d.h. die zur Verfügung stehenden Wohnungen - für Betreutes Wohnen dem neuen Pflege-Bericht zufolge derzeit bei rund 13,9 Prozent (künftig bei 18,1 Prozent) und im Südbezirk bei rund 14,6 Prozent der im Stadtbezirk lebenden Menschen ab 80 Jahren, die Hauptnutzer dieser Wohnform. In Lennep und in Lüttringhausen liegt die entsprechende Versorgungsquote momentan noch deutlich niedriger: Für Lüttringhausen ergibt sich eine Versorgungsquote für Betreutes Wohnen von 7,5 Prozent (künftig 12,7 Prozent). Und in Lennep beträgt die Quote 5,1 Prozent (nach Fertigstellung des Service-Wohnen-Objekts an der Albrecht-Thaer-Straße / „Tuchwiese“  9,1 Prozent). Ein Großteil der in ganz Remscheid bestehenden Wohnungen für Betreutes Wohnen sei mit öffentlichen Wohnungsbaufördermitteln finanziert worden, so der Bericht. Zitat: „Jedoch entsprechen insbesondere die älteren Wohnprojekte oftmals nicht mehr den aktuellen baulichen Qualitätsstandards des Betreuten Wohnens.“

Anders als nach der bis 2003 geltenden gesetzlichen Regelung sollen die Kommunen grundsätzlich nicht aktiv steuernd in den Pflegemarkt eingreifen, sondern die einzelnen Pflegebereiche lediglich beobachten und Entwicklungen aufzeigen. Die Akteure im Bereich von Pflege und Versorgung sollen selbst „dafür Sorge tragen, dass sich ein marktgerechtes Angebot entwickelt“ (Zitat aus dem Bericht). Ausgangspunkt der kommunalen Planungen sind gemäß § 2 APG NRW „die Bedarfe älterer Menschen, pflegebedürftiger Menschen und deren Angehöriger“ unter Berücksichtigung der Bedürfnisse von Frauen und Männern sowie kultursensibler Aspekte. Die Angebote sollen stadtteilbezogen weiterentwickelt werden, damit die Hilfsbedürftigen im vertrauten Quartier - wohnen bleiben können. Nichtstationäre Wohn- und Pflegeangebote sollen den Vorrang haben vor stationären, d.h. Hilfen, die einen längst möglichen Verbleib im häuslichen Umfeld / gewohnten Quartier ermöglichen, sind von besonderer Bedeutung (2006 hatten bei einer repräsentativen Befragung von 2.000 Remscheider/innen ab 50 Jahren rund 90 Prozent den Wunsch nach Verbleib in der eigenen vier Wänden und im vertrauten Wohnumfeld geäußert).

Der Erhalt eines eigenständigen und selbstbestimmten Lebens unterstützungsbedürftiger Menschen innerhalb und außerhalb des häuslichen Umfeldes ist das Ziel der „Örtlichen Pflegeplanung“. Damit sind drei verschiedene Zielgruppen gemeint:

  • Menschen mit festgestellter Pflegebedürftigkeit (Pflegestufen I – III (ab 2017 fünf Pflegegrade)
  • Menschen unterhalb der Pflegestufe I mit Bedarf an pflegerischer Grundversorgung und Bedarf an nichtpflegerischer Unterstützung
  • Menschen mit Bedarf an nichtpflegerischer Versorgung

Von den Remscheider Bürger/innen, die zum Stichtag 31.12.2014 pflegebedürftig waren, wurden

  • 54 Prozent (=2.121 privat zu Hause versorgt) [Bund: 47 Prozent)
  • 23 Prozent (=919) zu Hause von einem Pflegedienst versorgt [Bund 23 Prozent) und
  • 23 Prozent (=911) stationär in einem Heim betreut [Bund 30 Prozent).

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