Wo bislang an der Hackenberger Straße 33-36 städtische Häuser standen, die fast 100 Jahre alt waren (Baujahr 1920) - von deren 16 Wohnungen waren nur noch acht vermietet - will die städtische Tochtergesellschaft GEWAG in den nächsten anderthalb Jahren für kalkulierte 9,4 Millionen Euro 42 neue, freifinanzierte Wohnungen bauen 14 Zwei-Raum-Wohnungen (ca. 60 qm), 26 Drei-Raum-Wohnungen (76 - 98 qm) und zwei Penthouse-Wohnungen im linken und rechten Flügel des Gebäudes (ca. 135 qm zzgl. großzügiger Dachterrasse). Die Altbauten sind beseitigt, eine Baugenehmigung ist erteilt und die Ausführungsplanung weitestgehend abgeschlossen - nun kann der Bagger die Fläche für den Neubau weiter aufbereiten, freuten sich gestern GEWAG-Vorstand Hans-Jürgen Behrendt und sein Nachfolger Oliver Gabian (ab 1. Oktober) beim gestrigen ersten Spatenstich. Das künftige Angebot mit verschiedenen Wohnungstypen richtet sich an alle Generationen, die Freude an moderner, hochwertiger Ausstattung haben und ein ruhiges Umfeld mit gleichzeitiger Nähe zu Schulen, Kindertagesstätten, Einkaufs- und Erholungsmöglichkeiten suchen.
In den vergangenen Wochen hatte der Bagger schon ganze Arbeit geleistet und tonnenweise Gestein abgetragen. Denn im Gegensatz zu den Altbauten, die oberhalb eines Abhangs standen, soll der Neubau längst der Straße auf Fahrbahnniveau errichtet werden. Für jede Wohnung ist auch ein Auto-Stellplatz vorgesehen, die wenigsten davon unter freiem Himmel, die meisten in zwei Tiefgaragen. Von dem einstigen Hang ist nur der rückwärtige Teil übrig geblieben. Der leere Bauplatz an der Straße wirkt so groß wie ein Fußballfeld.
Im Juni 2013 hatte der Remscheider Architekten Harald Schlößer das Konzept für den Neubau an der Hackenberger Straße mit Wirtschaftlichkeitsberechnung und Zeichnungen im Vorentwurf fertiggestellt. Das war der Einstieg in eine aufwendige Planungsphase, in der unterschiedliche Varianten bzw. Alternativen von Baukörpern erörtert, gezeichnet und gerechnet wurden, berichtete Behrendt. Im Frühjahr 2016 konkretisierte sich die Planung, und im Juni desselben Jahres wurde eine Bauvoranfrage eingereicht. Die GEWAG glaubte damals, hinsichtlich Größe und Struktur des Baukörpers sowie Einbindung in die Umgebung die Anforderungen des § 34 Baugesetzbuch erfüllen und damit auch die Hürden des Bauordnungsamtes überwunden zu haben. Doch auch Experten können sich irren: Die erste planungsrechtliche Einschätzung der Bauverwaltung war ernüchternd, denn sie deckte sich in einigen Bereichen so gar nicht mit unseren Vorstellungen, wie ein funktionales und wirtschaftliches Mietwohnungsgebäude an dieser Stelle auszusehen hat.
Folglich musste der Architekt Höhen reduzieren und das oberste Geschoss umgestalten, bis schließlich im August 2018 der Bauantrag eingereicht werden konnte. Der wurde genehmigt. GEWAG-Vorstand Behrendt gestern: Ich danke dem Architekten, den Fachingenieuren und Fachplanern, die mit ihrer Kompetenz und Erfahrung für die hohe funktionale und technische Qualität des Gebäudes bürgen, sowie allen Verantwortlichen bei der Stadtverwaltung Remscheid, die die Planungsphase konstruktiv begleitet haben.
Technisch wird der Neubau den künftigen Mietern einige Schmankerl zu bieten haben: Für die Haus-, Keller- Tiefgaragentüren sind auf berührungslose Datenträger wie Schlüsselclips bzw. Transponder vorgesehen aus Sicherheitsaspekte und Komfortgründe. Die Heizwärme wird mit nachwachsendem und umweltfreundlichem Rohstoff in einer Holzpelletanlage erzeugt, und über eine Photovoltaikanlage wird Sonnenenergie in Strom umgewandelt für die 42 Wohnungen, wobei die überschüssige Energie ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden kann. Innovative Technik auch bei der Müllentsorgung: Durch ein verursachergerechtes Abfallmanagement soll Abfalltrennung finanziell belohnt werden, indem das Restmüllaufkommen und somit die Müllgebühren reduziert werden.
Generalplaner des Neubaus, der voraussichtlich Juli 2021 fertig sein wird, ist Christoph Rahrbach mit seinem Team aus dem pbr Planungsbüro Rohling in Düsseldorf, das Hans-Jürgen Behrendt bei der Errichtung des Gemeinschaftshauses Der Neue Lindenhof" kennengelernt hatte.
Von einer etwas anderen Seite betrachte gestern der GEWAG-Aufsichtsratsvorsitzenden Lothar Sill Das Projekt. Denn ein bisschen Wehmut ist für mich immer dabei, wenn ich miterlebe, wie alte Häuser abgerissen werden. Vor einigen Jahren waren es die GEWAG-Häuser an der Borner Straße, wo zwischenzeitlich eine Tankstelle und eine Autowaschanlage entstanden sind, letztes Jahr ein privates altes Schieferhaus in meiner Nachbarschaft, und vor einigen Monaten das Häuser-Ensemble eben hier. Ein Hausabriss hat immer etwas Endgültiges, da geht ein Stück nachbarschaftliches Leben zu Ende!
Aber jede Medaille habe zwei Seiten, fuhr Sill fort. An der Borner Straße haben wir erlebt, dass Menschen dort weggezogen sind und unmittelbar im Bereich der großen Kreuzung Trecknase auch keiner mehr wirklich wohnen wollte. Die Leerstände waren groß. Gewerbliches ist dort entstanden und passt dort auch hin. Auch hier in der Hackenberger Straße waren unsere Häuser und Wohnungen in die Jahre gekommen, und es stellte sich die Frage, renovieren, sanieren, umbauen, Wohnungsgrundrisse verändern, modernisieren? Oder abreißen und neu bauen? Welches Ziel will ich erreichen? Wie groß ist der Aufwand, und welchen Erfolg werde ich damit haben?
Der Aufsichtsrat habe dem Neubauprojekt zugestimmt, nicht nur aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, sondern auch, um Menschen neuen attraktiven Wohnraum anbieten zu können in einem schönen Umfeld. Lothar Sill: In den Medien hören wir immer wieder Horrormeldungen über nicht mehr bezahlbare Mietwohnungen in Berlin, Hamburg, Düsseldorf oder München. An dieser Stelle bin ich froh, dass Remscheid mit diesen Großstädten nicht vergleichbar ist. In Remscheid gibt es Wohnraum in verschiedenen Preissegmenten, für den aber keine ausufernden Berliner Mieten gefordert werden. Und das ist gut so!