Quantcast
Channel: Waterbölles - Wirtschaft
Viewing all articles
Browse latest Browse all 4885

Befürworter und Gegner des DOC um Sachlichkeit bemüht

$
0
0

„Das ist keine Verkaufsveranstaltung für ein Designer Outlet Center“, eröffnete gestern Abend um 18 Uhr Stadtplanerin Sigrid Burkhart im Forum Hackenberg vor rund 250 interessierten Bürgerinnen und Bürgern (weniger, als erwartet worden waren) die erste von zwei Bürgerinformationsveranstaltungen zum Bebauungsplan 657. Erst wenn dieser rechtskräftig geworden ist, kann das DOC in Lennep gebaut werden. Und bis dahin ist noch ein langer Weg. Auf dem können sich die Bürger/innen mit schriftlichen Anregungen und Bedenken durchaus einbringen. So, wie der Bebauungsplan gestern von Sigrid Burkhart als „Funktionsplan im Frühstadium“ vorgestellt wurde (und wie er von Montag, 17. März, bis Freitag, 11. April, im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit in der städtischen Baubehörde an der Ludwigstraße zusammen mit der ebenfalls erforderlichen 5. Änderung des Flächennutzungsplanes aushängen wird), dürfte er jedenfalls das Verfahren kaum durchstehen. Dafür sprachen gestern plausibel klingende Änderungsvorschläge. Und weitere dürften heute um 18 Uhr bei der zweiten Informationsveranstaltung (im Vaßbendersaal am Remscheider Markt) folgen.

Bereits ab 17 Uhr bestand gestern die Möglichkeit, sich über Teilbereiche der Planungen zu informieren und den Gutachtern Fragen zu stellen. Und das gilt auch für die heutige Veranstaltung. Dann dürfte die Frage nach den prognostizierten Auswirkungen eines DOC auf den heimischen Einzelhandel, speziell den an der Alleestraße, im Vordergrund stehen. Weit mehr, als es gestern der Fall war, vermutete der von der Stadt Remscheid eigens für das DOC-Projekt engagierte Moderator, Dr. Andreas Paust von der IKU-GmbH in Dortmund („Die Dialoggestalter“). Es war in der Tat auffällig, dass die Bürger/innen gestern vor Beginn der Veranstaltung an einem Flipchart bei „Auswirkungen auf den Einzelhandel“ gerade mal 19 „Interesse-Punkte“ geklebt hatten, bei „Verkehr, Schall und Luftschadstoffe“ dagegen unzählige. Die Stadtplanerin schien dafür Verständnis zu haben: “Die Alleestraße ist heute schon krank; das passiert nicht erst, wenn das DOC kommt!“

In klaren Worten und äußerst sachlich beschrieb Burkhart nicht nur die positiven, sondern auch negative Veränderungen, die ein DOC in Lennep mit sich bringen könne. Letztere für den Fall, dass dem nicht gegengesteuert werde. Doch dafür laufe ja nun das Planverfahren an. Zu den Pluspunkten: Remscheid habe ein Imageproblem – „beginnend schon hinter Burscheid“. Da könne das DOC helfen, den Bekanntheitsgrad der Stadt im Lande zu erhöhen. Auch sei mit Synergieeffekten zwischen DOC und Tourismus zu rechnen, ferner mit wirtschaftlichen und städtebauliche Impulsen: „Neue Arbeitsplätze stabilisieren die Bevölkerungsstruktur und den Wohnungsmarkt!“ Deshalb sei eher mit steigenden als mit fallenden Immobilienpreisen zu rechnen

Siehe zu „Verkehr und DOC“ auch:

Gutachter: Keine Gesundheitsgefährdung durch DOC-Verkehr
W.i.R. fordert für DOC Pflichtenheft zum städtebaul. Vertrag
Kaufvertrag zwischen Stadt und DOC-Investor wurde heute unterzeichnet
Bei Stefan Kruse gab es auch Zwischenrufe
Saal der Klosterkirche war dem Andrang nicht gewachsen
DOC: Digitale Simulation der Verkehrsströme auf YouTube
"Der Verkehr kann sicher und leistungsfähig abgewickelt werden!“
5.500 Fahrzeuge am Tag in der Spielberggasse und "Am Stadion"
Gutachter hält an Trecknase-Planung (ohne Kreisverkehr) fest
Gutachter: Verträglichkeit des DOC sollte vertraglich abgesichert werden
Das künftige DOC-Gelände mal aus einer anderen Perspektive
Mehr Verkehr „kann nicht vollständig kompensiert werden“
Verkehr in einigen Fällen nur ausreichend, aber "machbar"

Das sahen viele Zuhörer/innen anders. Sie fürchten um den Wert ihrer Eigenheime, speziell die an der Brehmstraße. Mit Beifall wurde daher der Vorschlag eines Bürgers aufgenommen, zumindest einen Teil des neuen Parkhauses auf dem Kirmesplatz unter die Erde zu verlegen. Das hatte DOC-Investor McArthurGlen aus Kostengründen zwar schon abgelehnt. Doch noch ist nicht aller Tage Abend, wie Stadtplanerin Burkhart andeutete. Die ebenfalls geforderte Untertunnelung der Wupperstraße hielt aber auch sie für utopisch.

Wie der Waterbölles in den vergangenen Tagen bereits berichtete, halten inzwischen alle Gutachter ein DOC für machbar. Es gebe keine Grenzwerte, die überschritten würden und das Projekt so unmöglich machten. Das betonten die Gutachter auch gestern. Sowohl der heimische als auch der auswärtige Einzelhandel werde funktionsfähig bleiben – bei leichten Abstrichen in der Remscheider Innenstadt, betonte Marc Föhrer, und Jan Roth verwies auf die "planerisch gesicherten Bäume am Schützenplatz und entlang der Straße Am Stadion". Auch mit dem Verkehrslärm und den Schadstoffen (Feinstaub) gebe es keine unlösbaren Probleme. Allerdings müsse beim Bau des Parkhauses an der Fassade ein Lärmschutz mit eingeplant werden. An der schon heute problematischen Ringstraße zwischen Rader Straße und Trecknase werde sich dieLuftqualität zwar weiter verschlechtern. Aber das betreffe lediglich die Straßenmitte und gelange nicht bis zu den Hausfassaden, wie Dr. Frank Weiser vom Büro Brilon Bondzio Weiser, Ingenieurgesellschaft für Verkehrswesen mbH in Bochum, versicherte. Sein Verkehrsgutachten hatte sich gegenüber dem ersten Entwurf in den wesentlichen Punkten nicht verändert: Fast zwei Drittel der Besucher würden das neue DOC von Norden über die Autobahn ansteuern und ein knappes Drittel von Süden.

Die Berechnungen des Verkehrsgutachters zu den insgesamt 22 Verkehrsknoten rund um Lennep, die von einem DOC tangiert wären, stützen sich auf Verkehrszählungen am 10. und 11. Januar dieses Jahres. Berücksichtigt habe er auch eine allgemeine Verkehrszunahme um fünf Prozent bei Pkw und zehn Prozent bei Lkw sowie die geplanten elf Wohnungen auf dem Gelände des ehemaligen Lenneper Krankenhauses, erläuterte Weiser. Insbesondere seine Ausführungen zum künftigen Verkehr auf der „Spielberggasse und ‚Am Stadion“ (5.500 Fahrzeuge am Tag) stießen gestern bei vielen DOC-Gegnern auf Kritik und Unverständnis. Was wiederum den Verkehrsplaner wunderte: „Über die Wupperstraße fahren heute schon 7.000 Autos!“ Die DOC-Gegner/innen waren übrigens erkennbar am Beifall und an Zwischenrufen, deutlich in der Mehrheit; sie blieben aber ebenfalls größtenteils um Sachlichkeit bemüht.

Stichwort „Parkplätze“. Die sollen bekanntlich auf dem Jahnplatz und an der für den Gegenverkehr von Bussen auszubauenden Spielberggasse wegfallen. Ein Bebauungsplan sei nicht dafür da, für Ersatz zu sorgen, war sich Dr. Frank Weiser mit Stadtplanerin Burkhart einig. Aber auch darin: „Um das Thema ‚Parkraum/ruhender Verkehr‘ werden wir uns noch kümmern müssen!“

Stichwort „Sensitivitätsanalyse“. Das ist nach Wikipedia eine auf die Wirtschaftswissenschaften zurückgehende Methodik, mit der bewertet werden kann, wie empfindlich wirtschaftliche Kennzahlen auf kleine Änderungen von Eingangsparametern reagieren. In diesem Fall bezog das ein Ingenieur aus dem Publikum auf die von Weiser zugrunde gelegte Zahl der Insassen der Pkw, die das DOC zum Ziel haben werden. Je weniger Personen in einem Wagen, desto größer der Fahrzeugverkehr. Das stimme im Prinzip, räumte Weiser ein. Aber er sei nur bereit, solche Zahlen zugrunde zu legen, die auch in der Fachwelt als realistisch anerkannt seien. „Und was passiert, wenn Sie sich verrechnet haben?“, wollte ein anderer Bürger wissen. Antwort: Das sei kaum vorstallbar. Aber: „Es gibt eine ganze Reihe von Fachbehörden, die unser Gutachten nachrechnen werden!“ Auf eine andere Frage, wohl nur um des Gelächtern des Plenums willen gestellt, wussten Stadtplanerin Burkhart und die Gutachter auf dem Podium dagegen keine Antwort: „Wie kann das DOC noch verhindert werden?“




Viewing all articles
Browse latest Browse all 4885