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OB Mast-Weisz: "Untere Allee braucht abends Belebung"

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Zur Ausübung ihres besonderen Vorkaufsrechts für die Immobilie Sinn/Leffers (Alleestraße 21, 23, 25) hatte die Stadt Remscheid laut Gesetz einen dreimonatigen Prüfzeitraum. In den vergangenen 15 Jahren war dieses Recht von der Stadt kein einziges Mal beansprucht worden. Kein Wunder also, dass die Verwaltung in ihrer Stellungnahme zur Sitzung des Hauptausschusses einräumen muss: „Es gibt in der Gesamtverwaltung keine Mitarbeitenden, die sich mit dem Thema befassen, daher musste der Verfahrensweg erst geklärt werden.“ Und der begann am 10. Juni, als ein Notar mit Schreiben vom 3. Juni bei der Stadt eine Verzichtserklärung zu ihrem Vorkaufsrecht beantragte. Daraufhin wurde das Notariat von der Stadt Remscheid mit Schreiben vom 23. Juni aufgefordert, eine vollständige Abschrift des Kaufvertrages zu übersenden und den Zeitpunkt der Rechtswirksamkeit des Vertrages mitzuteilen. Am 5. Juli ging diese Abschrift bei der Stadt ein, ferner die Mitteilung des Notariats über die Rechtswirksamkeit des Vertrages. Damit begann die durch das BauGB festgesetzte Frist von drei Monaten zur Prüfung und Ausübung des Vorkaufsrechts. Zugleich galt es für die Verwaltung damals zu klären, ob ein Vorkaufsrecht ausgeübt werden sollte, ob der Kaufpreis angemessen ist, wie Käufer und Verkäufer zur Ausübung des Vorkaufsrechts stehen und was der Käufer mit dem Grundstück vorhat.

Worte des Bedauerns

„Das gesamte Verfahren wurde in den vergangenen Tagen intensiv geprüft und gewertet. Ich muss leider einräumen, dass die Verwaltung die Komplexität der Ausübung eines Vorkaufsrechtes und insbesondere auch die rechtssichere Zustellung eines entsprechenden Bescheides im Ausland unterschätzt hat. Mit dem heutigen Wissen wäre es sicherlich ratsam gewesen, für dieses Verfahren insgesamt eine externe Beratung in Anspruch zu nehmen. Auch wäre dann sicherlich ein größerer zeitlicher Rahmen für die Zustellung einkalkuliert worden. Ich bedauere diese Entwicklungen zutiefst und werde in den weiteren Verhandlungen alles daransetzen, eine für die Stadt Remscheid zielführende Entwicklung herbeizuführen.
Peter Heinze,
Technischer Beigeordneter

Mit Schreiben vom 10. September habe der Käufers innerhalb der Anhörung zu der beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechtes Stellung genommen, führt die Verwaltung weiter aus. Die nächsten Schritte nach dem Anhörungsverfahren: Abwägung und Würdigung der Interessen von Käufer und Verkäufer gegenüber der Ausübung des Vorkaufsrechts, Erstellung eines rechtssicheren Bescheides, ein Ratsbeschluss zur Legitimierung des Vorhabens (gefasst am 16. September), Ausarbeitung eines „planerischen Zwischen- und Realisierungsszenarios zur Erreichung der städtebaulichen Ziele für den Ort und Erarbeitung eines Finanzierungsmodells“ (Zitat aus der Vorlage) und schließlich „die Zustellung der Bescheide an die Empfänger“.

Kurzer Blick zurück: Die Sinn/Leffers-Filiale an der Alleestraße ist seit Februar 2009 ungenutzt. Nach Angaben der Stadt verfällt die Gebäudesubstanz kontinuierlich. Zahlreiche Nachnutzungskonzepte des Alteigentümers seien gescheitert. Auf ein Kaufangebot der Stadt habe damals der ursprüngliche Eigentümer nicht reagiert. Und nun hält der neue Käufer „ungeachtet der städtebaulichen Zielsetzung eines nicht-kommerziellen Dritten Ortes für das … Sanierungsgebiet“ an seinen eigenen Umbauplänen fest (Seniorenwohnungen).

Der Anspruch auf das Vorkaufsrecht musste folglich vor Fristablauf angemeldet werden. Dieser Bescheid war am 23. September fertig und wurde zur abschließenden Prüfung an das Rechtsamt der Stadt Remscheid übermittelt. Dieses empfahl zwecks Rechtssicherheit des Bescheides ergänzend eine Gewichtung bzw. Abwägung der sich gegenüberstehenden öffentlichen und privaten Belange. Dies geschah im Laufe des 27. September: Mit Datum 28. September wurden der entsprechende Passus eingearbeitet und der endgültige Bescheid nach abschließender Prüfung und Freigabe für den Postversand vorbereitet.

Für den rechtssicheren Versand innerhalb der Bundesrepublik Deutschland wurde, wie in der Verwaltung üblich, der Versand mittels Postzustellungsurkunde gewählt. Diese Zustellungsart betraf den Käufer des Grundstücks. Die gesetzliche Frist für die Zustellung zur Ausübung des Vorkaufsrechtes wurde eingehalten, den Käufer erreichte das Schreiben am 4. Oktober. Um aus Sicht der Verwaltung eine im Nachhinein möglicherweise juristisch angreifbare Zustellungsart aufgrund einer Formverletzung auszuschließen, wurde für die Zustellung des Bescheides an den Verkäufer in Luxemburg ein Einschreiben mit Rückschein gewählt. Dazu teilt die Verwaltung mit:

„Bereits das Anhörungsschreiben zur beabsichtigten Ausübung des Vorkaufsrechtes nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 2 BauGB an den in Luxemburg ansässigen Verkäufer wurde per Einschreiben mit Rückschein am 25. August in die Postzustellung gegeben. Die Postzustellung wurde ordnungsgemäß ausgeführt, die Entgegennahme des Schriftstückes durch den Empfänger quittiert. Der Rückschein wurde zur Akte genommen. Der am 30. September in die Postzustellung gegebene Bescheid zur Ausübung des Vorkaufsrechtes hatte folgenden Sendungsverlauf:

  • Donnerstag, 30.9.: Einstieg in das Postnetz
  • Freitag, 1.10.: Abreise von der Wechselstube des Herkunftslandes (Frankfurt/Flughafen) und Ankunft in der Wechselstube des Ziellandes (Luxemburger Sortierzentrum)
  • Montag; 4.10.: Ankunft im Distributionszentrum, Senden während der Verteilung, Empfänger abwesend und informiert, um die Sendung abzuholen
  • Mittwoch, 6.10.: Versand geliefert.“

Die Stadt schließt aus  diesem Protokoll:„Die Zustellung war einen Tag vor Fristablauf an den Verkäufer fristgerecht erfolgt. Der Verkäufer war allerdings bei Zustellung nicht anwesend. Die Abholung des Schriftstücks erfolgte erst am 6. Oktober.“ Also genau einen Tag nach Fristende (5.10., 24 Uhr.) „Bei Abholung des Einschreibens am 5.10. wäre der Bescheid innerhalb der Frist zugegangen.“ Übersehen wurde von der Verwaltung bei diesem Verfahren, dass niemand verpflichtet ist, ein bei der Post hinterlegtes Schriftstück auch tatsächlich abzuholen! Eine Zustellung durch Boten hätte zum Zeitpunkt der Versendung vermutlich zu einer fristgerechten Zustellung geführt. Ob diese dann aber in einem Streitverfahren gerichtlich standgehalten hätte, lasse sich nicht einschätzen, so die Stadt. Die Versendung per Boten war ihr nicht rechtssicher genug erschienen. Mit dem Wissenstand von heute, räumt sie ein, wäre das Projekt „völlig anders unter dem Regime eines strengen Zeitcontrollings und unter Begleitung externer Hilfe mit Unterstützung von Dienstleistern in einem straffen Projektmanagement erfolgt, so dass die Zustellungsrisiken minimiert“ gewesen wären.

Durch die nicht rechtswirksame Zustellung des Bescheids sei das Projekt „Dritter Ort“ nun „in der Eigentümerschaft der Stadt Remscheid nicht mehr umsetzbar. Es wird sehr bedauert, dass es nicht geglückt ist, das Prüfverfahren für das Vorkaufsrecht erfolgreich mit einem Bescheid zu Ende zu bringen. Die Stadt Remscheid hat in die Idee für das Sanierungsgebiet Alleestraße viel ‚Herzblut‘ und Engagement gesteckt, daher ist es für die am Projekt beteiligten städtischen Mitarbeitenden auch sehr enttäuschend, dass die umfangreichen Arbeiten … nicht gefruchtet haben. (Sie) haben nach bestem Wissen und Gewissen für das Projekt gearbeitet.“

Nachdem der Ankauf des Grundstücks gescheitert ist, prüft die Stadtverwaltung nach eigenen Angaben nun „alternative Wege, um die städtebaulichen Ziele für diesen Bereich (Anm.: der Alleestraße) umzusetzen“. Hierzu will sie kurzfristig Kontakt mit dem Käufer aufnehmen. Zitat aus der Vorlage für den Hauptausschuss: „In diesem Bereich soll ein öffentlicher, nichtkommerzieller Ort der Gemeinschaft - und neuer Magnet an der unteren Alleestraße entstehen. Die Idee ist eine kulturelle Ankernutzung, mit ergänzenden Kultur-, Bildungs- und Freizeitangeboten. Dies ist ein wichtiger Impuls für die Aktivierung der unteren Alleestraße. Besondere Bedeutung hat dabei die abendliche Belebung des Umfeldes und das Bespielen der angrenzenden öffentlichen Räume.“ Das bekräftigte gestern Abend der OB noch einmal gegenüber dem Waterbölles.

Ob und wie es zu einer Realisierung eines solchen Projektes kommen könne, sei allerdings „derzeit völlig offen" und soll Inhalt der Verhandlungsgespräche mit dem Eigentümer sein. Dessen Absichten mit dem Grundstück entsprechen, so die Stadt, „nicht dem Sanierungsziel einer öffentlichen Nutzung. Auch der rechtskräftige Bebauungsplan Nr. 410 lässt Wohnnutzungen regulär erst ab dem 2. Obergeschoss zu.“


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