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Aus dem Stadtarchiv: Waldbesitzer beklagten Holzdiebstähle

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Die alte Schwarzweiß-Aufnahme gehört zum Bestand des Remscheider Stadtarchivs.Am 30. April 1919 wandten sich Kremenholler Bürgerinnen und Bürger (Wwe. Wilhelm Zimmermann, Max Schmitz, Robert Klein, Albert Hakenberg, Albert Dahlmann, Otto Hager und Joh. Ferd. Courthen) an den Oberbürgermeister. Als Besitzer von mehr oder wenig großen Waldparzellen beschwerten sie sich  über „Holzraub und Waldfrevel, schon seit Jahren  eine traurige Tatsache“. Weiter ist in der 90 Jahre alten Eingabe, die sich heute im Stadtarchiv befindet, zu lesen:

„In der Zeit seit vorigem Herbst hat der Holzdiebstahl erschreckend zugenommen, sodass der Holzbestand von Woche zu Woche mehr abnimmt. Wenn es so weiter geht, werden unsere Holzungen in absehbarer Zeit gänzlich verschwunden sein. Warnungen und Patrouillen seitens der Eigentümer bringen keinen Erfolg mehr. Ununterbrochen Tag und Nacht müssten ja bewaffnete Posten stehen, wollte man Einhalt gebieten und sein Eigentum schützen. So muss der kleine Besitzer zusehen, wie ihm das für Hof und Feld sehr benötigte Klein- und Nutzholz genommen wird. Wenn auch eine gewisse Brennstoffnot in vielen Familien nicht zu verkennen ist, so ist es doch am Platze, dem kleinen Manne nicht noch das Letzte weg zu nehmen, was er selbst nötig braucht. Wir wollen doch nicht die in Bayern laut gewordene Spartakisten-Parole unterstützen: Nehmt und holt euch was ihr braucht! Nicht, dass die Leute mit etwas Kleinholz zufrieden wären, nein, das beste und dickste Nutzholz wird herausgeholt unter Zurücklassung der Reisige, die Ihnen nicht gut genug sind. Eichenstämme von 10 – 30 cm Durchmesser und 5 – 12 m Länge sind die am liebsten genommenen. So sind den Unterzeichneten schon eine Menge Bäume gestohlen worden, die von Jahr zu Jahr einen zunehmenden Wert bekommen, einen Wert für die Aufrechterhaltung der Bewirtschaftung von Feld und Garten.

Die zunehmenden Diebstähle sind durchaus nicht allein auf die Brennstoffnot zurückzuführen. Die Leute glauben in Ansehung der heutigen Verhältnisse fast dazu berechtigt zu sein; am hellen Tage gehen sie mit Axt und Säge in den nächstgelegenen Wald und nehmen was das Beste ist. Vielfach glauben Leute berechtigt zu sein, in den der Stadt gehörenden Holzungen nehmen zu können, was ihnen beliebt und werden wir als Anlieger von solchem Besitz fast stets auf das schlimmste bestohlen. Duldet die Stadt indessen Abholzungen in ihrem Besitz, so bitten wir die Stellen öffentlich bekannt zu geben, wo bedürftige Bürger evtl. näheres über Grundstücke und Grenzen erfahren können. Zu einem großen Teil werden wir betroffen von den Bewohnern der nahe liegenden Häusergruppen des Gemeinnützigen Bauvereins. Von diesem Unternehmen aus scheinen öfter Leute die mündliche, höchstwahrscheinlich auch jeweils schriftlich Erlaubnis zu bekommen, sich aus in ihrem Besitz befindlichen Holzungen das Nötige zu holen, indess ohne jegliche Aufklärung über Lage und Grenze des dem Gemeinnützigen Bauvereins gehörigen Geländes. Solche Erfahrungen wurden bei Ertappten schon gemacht. Wir bitten erg., von dortiger Stelle aus auf die Leichtfertigkeit dieses Verfahrens hinzuweisen.

Weiterhin erbitten wir von der Stadtverwaltung unbedingten Schutz und Beistand in diesen uns dauernd schädigenden Diebstählen. Eine strenge und allgemeine Verwarnung seitens der Behörde in den Zeitungen könnte womöglich etwas Abhilfe bringen. Auch würde ein wachsameres Auge der Polizei- und Fortbeamten von Nutzen werden. Wir glauben diese berechtigte Beschwerde nicht allein für uns, sondern auch im Interesse aller Waldbesitzer gemacht zu haben und erwarten wir, dass die Stadtverwaltung mittel ergreift, um die unerhörten Walddiebstähle abzuschwächen.“


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