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3,4 Millionen Euro für Grundwasser-Reinigung in 20 Jahren

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Die tiefe Baugrube von Hartcrome Feige, aus der der kontaminierte Boden geholt werden musste.Die Sanierung des mit Chrom verseuchten Geländes des früheren Galvanik-Betriebes Hartchrom Feige an der Edelhoffstraße (Foto links) kostete rund 4,3 Millionen Euro (davon hatte die Stadt Remscheid 850.000 Euro zu tragen). Zu Lasten des Steuerzahlers, versteht sich fast von selbst. Nicht zu Lasten der früheren Firmeneigentümer. Und auch der nächstgrößere Umweltschaden durch Schadstoffe eines galvanischen Betriebes in Remscheid wird in die Millionen gehen. Und wiederum hat der Steuerzahler die Last zu tragen – mittelbar über den Abfallentsorgungs- und Altlastenverband Nordrhein-Westfalen (AAV). Der Verband, der bereits Ende der 1980er Jahre gegründet wurde (damals noch Abfallentsorgungs- und Altlastensanierungsverband), finanziert und wickelt in NRW immer dann die Altlastensanierung ab, wenn ein Verantwortlicher nicht mehr greifbar oder hierzu finanziell nicht in der Lage ist. Das gilt nun auch für die geplante Bodensanierung in Westhausen. Aber: Auch die finanzschwache Stadt Remscheid wird wiederum ihren Teil zu den Sanierungskosten beitragen müssen. Ein entsprechender Grundsatzbeschluss steht auf der Tagesordnung der Bezirksvertretung Alt-Remscheid (14. April), des Umweltausschusses (5. Mai) und des Haupt- und Finanzausschusses (5. Mai), bevor dann der Rat der Stadt am 18. Juni den neuen Vertrag zwischen der Stadt und dem  AAV endgültig billigen soll.

 

Waterbölles-Berichte über kontaminierte Böden

13. Februar 2012: Blasberg-Gelände mit Galvanik-Altlasten gehört dem Land

23. September 2011: Schadstoffe im Boden werden noch lange ein Problem sein

28. Januar 2011: Altlasten eines Galvanik-Betriebes erfordern Gutachten

26. August 2008: Chrom im Grundwasser zwingt die Stadt zum Handeln

7. November 2009: 2.000 Euro Preisgeld für millionenschwere Feige-Sanierung

4. Juli 2006: Chrom auf einem Gelände, das keiner haben will

19. Juni 2006: Stadt Remscheid weist Vorwürfe der Fa. Blasberg Hartchrom zurück

Nach den bisher vorliegenden Kostenschätzungen liegen die Gesamtkosten für die von einem Gutachter vorgeschlagenen Sanierungsmaßnahmen bis zum Jahr 2032 bei 3.450.000 €. Davon werden 2,85 Mio. € für Sanierungsplanung, Sanierung und einer hydraulischen Sanierung für einen Zeitraum von zwei Jahren nach Inbetriebnahme einer Sanierungsanlage angesetzt. Bei einem Vertragsabschluss mit dem AAV werden 2,28 Mio. € von dem Verband für die Sanierungsplanung, Schadensherdsanierung und hydraulischen Sicherungsmaßnahmen bis zu einer Laufzeit von zwei Jahren getragen. Sämtliche Kosten für die Weiterführung der hydraulischen Maßnahmen ab 2022 sind von der Stadt alleine zu finanzieren. Der von der Stadt Remscheid einzuplanende Mittelbedarf bis zum Jahr 2032 liegt bei 1.170.000 €. Die Kosten wurden, so die Verwaltung in ihrer Vorlage, „nach dem jetzigen Kenntnisstand“ und aufgrund „der vorhandenen Rahmendaten“ berechnet, sind also nicht mehr als (Zitat) „eine erste Einschätzung“. Nicht ausgeschlossen also, dass sich die Kostenspirale weiter drehen wird...        

„Seit 1954 wurde im Bereich Reinshagen eine Galvanik betrieben. Produktionsabwässer wurden zunächst auf dem Firmengelände und später auf einer weiter südlich liegenden Wiese in Sickergruben versickert. Die Verschlammung dieser Gruben führten zum Überlaufen und zu Verunreinigungen auf angrenzenden Grundstücken und Häusern“, heißt es in der Verwaltungsvorlage in der Rückschau. „1979 wurde bei Bauarbeiten zur BTV-Trinkwasserleitung (Bergischer Trinkwasserverbund) unterhalb des Firmengeländes kontaminiertes Wasser in der Baugrube festgestellt. Das anfallende belastete Wasser wird seitdem über eine Drainage in einen Sammelschacht geleitet und wurde von dort der betriebseigenen Abwasserreinigungsanlage zugeführt. Durch die Betriebseinstellung im September 2014 war es erforderlich, kurzfristig eine vorläufige Anlage zu Reinigung des kontaminierten Grundwassers aufzustellen, um zu verhindern, dass sich hochbelastetes Grundwasser in der Drainage der Trinkwasserleitung aufstaut. Aufgrund der mangelnden Leistungsfähigkeit des Grundstückseigentümers musste die Stadt Remscheid diese Maßnahme auf dem Wege des Sofortvollzugs durchführen.“

Bei den seit 1994 durchgeführten Untersuchungen wurden erhöhte Schwermetallgehalte in allen Bodenhorizonten nachgewiesen. Da diese Ergebnisse nicht ausreichten, um eine umfassende Sanierung zu planen, wurde 2011 mit dem AAV ein erster öffentlich-rechtlicher Vertrag über die erweiterte Sanierungsuntersuchung abgeschlossen. Auf dieser Basis wurde der Bereich zwischen dem Betriebsstandort und den Quellen des Ohlsiepen und des Westhausener Baches bis in 19 Meter Tiefe untersucht. Für das Betriebsgelände bilanziert der Gutachter exemplarisch folgende Schadstoffe:

  • Chrom 4.586 kg,
  • Cyanide 411 kg,
  • Nickel 1.384 kg.

Im östlichen Betriebsteil wurden CKW-Konzentrationen in Höhe bis zu 649 mg/m³ in der Bodenluft nachgewiesen, die weit über dem Prüfwert von 5 mg/m³ liegen. In der Mehrzahl der entnommenen Grundwasserproben wurden Chrom, Chromat, Nickel, LHKW (leichtflüchtige halogenierte Kohlenwasserstoffe) und PFT (Perfluorierte Tenside) nachgewiesen. Die höchsten Konzentrationen im Grundwasser wurden in den auf dem Firmengelände entnommenen Proben ermittelt. Deutliche Gehalte sind aber bis in die Quellen nachzuweisen. Die Schadstoffe haben sich über Jahre im Untergrund bis in Tiefen von mehr als 20 Meter ausgebreitet und zu einer Schadstofffahne mit Belastung der Quellen Ohlsiepen und Westhausener Bach geführt. Sicherungsmaßnahmen auf dem Betriebsgrundstück und Nachbargrundstücken verhindern zwar einen Direktkontakt mit dem kontaminierten Material und ein weiteres Abfließen des oberflächennah vorhandenen verunreinigten Wassers auf benachbarte Grundstücke. Das bedeute aber lediglich eine Schadensbegrenzung und keine Sanierung, so die Verwaltung. „Unter Berücksichtigung des Schadensalters von über 60 Jahren ist ein leichter Rückgang der Chromkonzentration in den Quellen, der Drainage und den seit 18 Jahren zur Sanierung eingesetzten Messstellen zu erkennen. Daher seien nun weitere Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sowohl am Betriebsstandort als auch an den beiden Quellen „zwingend erforderlich, um einen weiteren Eintrag in das Grundwasser zu unterbinden und die Schadstofffreiheit der Gewässer sicherzustellen.“

Vorgesehen ist eine Bodenluftsanierung. Dabei wird die mit CKW (Chlorierter Kohlenwasserstoffen) kontaminierte Bodenluft auf dem Gelände aufgesaugt und durch einen Aktiv-Kohle-Filter gereinigt. Auch soll das belastete Grundwasser in verstärktem Maße hochgepumpt und gereinigt werden, bevor es, je nach Reinigungsgrad in den Untergrund bzw. in die Kanalisation geleitet wird. „Die in den vergangenen Jahren auf diese Art und Weise schon durchgeführte Grundwassersanierung aus der Drainage und den drei Brunnen auf dem Firmengelände belegt, dass dieses System grundsätzlich funktioniert“, so die Verwaltung. Allerdings reiche das nicht aus, um ein weiteres Abströmen des Grundwassers zu den Gewässerquellen zu verhindern. Deshalb sollen die neu gesetzten Grundwassermessstellen sowie die Abwehrbrunnen am Ohlsiepen in die Sanierung einzogen werden.

Des Weiteren schlägt der Gutachter für den Betriebsstandort als auch die ehemalige Versickerungsfläche einen Bodenaustausch bis in eine Tiefe von vier bis fünf Metern vor (bis zum gewachsenen Fels darunter), verbunden mit einem teilweisen Abriss der alten Betriebsgebäude. Die im Gutachten genannte Dauer der hydraulischen Sanierung von zehn bis 20 Jahren sei „nur als Annahme“ zu betrachtet und „nicht realistisch zu belegen“, heißt es in der Vorlage. Die Maßnahmen sein jedoch „zwingend erforderlich, um ein Aufstauen von belastetem Grundwasser in der Drainage der Trinkwasserleitung des BTV zu verhindern, einen kontinuierlichen Eintrag von den Schadenszentren in das Grundwasser zu unterbinden und einen weiteren Austrag von kontaminiertem Grundwasser in die Quellen des Ohlsiepen und des Westhausener Baches zu verhindern“.

 


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