Deutlich mehr Fahrgeschäfte gerade für die Kleinen, hatte der Waterbölles am 9. Juli 2012 bei der Remscheider Kirmes ausgemacht, und bei der gestrigen Diskussion Remscheider Kirmes im Aufwind!? in der Denkerschmette bestätigten den vorsichtigen Trend nach oben Christoph Lange, Vorsitzender des Remscheider Schützenvereins von 1816, Schausteller Frank Schmidt (Autoscooter) und Platzwart Lutz Spott. Einst war die Sommerkirmes d e r Publikumsmagnet im Bergischen Land, wie Moderator und Gastgeber Reinhard Ulbrich bestätigte: Für die Stadtspitze und die Kommunalpolitiker war der Besuch der Kirmes - meist montags ein absolutes Muss! Doch in den vergangenen Jahren habe sich das Freizeitverhalten der Menschen gewandelt, räumte Frank Schmidt ein: Alle Kirmesveranstalter in Lande haben das zu spüren bekommen. Den Massenandrang von früher werden wir wohl nicht mehr erleben. Gleichwohl zeigte sich Lange gestern verhalten optimistisch: In der Remscheider Bevölkerung besteht nach wie vor ein Interesse an einer Sommerkirmes. Seit 2011 konnten wir durch verschiedene Maßnahmen die Probleme zunehmend in den Griff bekommen, und in diesem Jahr verzeichneten wir zum dritten Mal hintereinander eine äußerst geringe Ausfallquote, dafür aber eine steigende Beteiligung von Schaustellern und Publikum.
In den Jahren 2008 und 2009 mussten die Remscheider Schützen als Veranstalter befürchten, die Remscheider Sommerkirmes nicht länger halten zu können. Das war der Tiefpunkt!, so Christoph Lange. Unter den Schaustellern machte damals der Satz die Runde In Remscheid kannste kein Geld mehr verdienen, und entsprechen hoch sei die Ausfallquote bei den angemeldeten Schaustellern gewesen. Lutz Spott: Kaum einer, der sich telefonisch abgemeldet hätte. Die tauchten zur Kirmes einfach nicht auf! Es gebe halt auch unter Schaustellern schwarze Schafe, bemerkte Frank Schmidt, der bei anderen Kirmesveranstaltungen in der Umgebung auch als Platzwart fungiert und seine Pappenheimer kennt.
Die Zeiten, in denen Schützen und Schausteller die Konditionen einer Kirmes per Handschlag verabredeten, gehören längst der Vergangenheit an. Üblich sind feste Verträge. Darin ist auch eine Konventionalstrafe festgeschrieben, die der Schausteller zu zahlen hat, wenn er zum vereinbarten Termin nicht auf dem Kirmesplatz seine Geschäfte aufbaut. Lange: Als die Kirmes noch brummte, haben wir auf die Zahlung der Konventionalstrafe verzichtet, wenn man ein Schausteller absprang. Denn die Lücke fiel gar nicht auf! Das änderte sich, je kleiner die Kirmes wurde. Der Kirmesplatz sah schließlich aus wie Schweizer Käse! Und das bekamen die 19 Schausteller, die sich 2009 mit insgesamt 22 Geschäften zur Remscheider Kirmes angesagt hatten, aber nicht erschienen waren, dann finanziell zu spüren: Der Schützenverein bat sie (erstmals) zur Kasse. Christoph Lange: Und das hat geklappt. Wir haben außergerichtliche Vergleiche geschlossen und so den finanziellen Schaden für den Verein in Grenzen halten können.
Apropos Finanzen. Ohne Werbung ist heutzutage fast jede größere Veranstaltung undenkbar. Das weiß auch der Remscheider Schützenverein. Aber: So dick haben wir es nicht!, räumt der Vorsitzende ein. Also versuchte der Verein andere Wege: Über den Sportbund Remscheid wurden die Sportvereine eingeladen, sich auf der Kirmes zu präsentieren. Reinhard Ulbrich: Reaktion leider gleich Null! Ähnliches hatte Frank Schmidt schon beim Weihnachtsmarkt auf dem Rathausplatz festgestellt: Das Angebot an örtliche Vereine, für eine bestimmte Zeit eine der Buden zu übernehmen und durch Verkaufsangebote ihre Vereinskasse aufzubessern, sei ebenfalls nicht angenommen worden.
Inzwischen hat der Schützenverein Facebook als kostenlose Werbeplattform entdeckt und erzielt damit auch beachtenswerte Klick-Zahlen. Seine eigentliche Zielgruppe sind aber weniger die Kinder und Jugendlichen, sondern vielmehr die Familien, konkret: die zahlungskräftigeren Erwachsenen. An sie denk auch Frank Schmidt, wenn er für das nächste Jahr einen Scooterball-Wettbewerb ins Auge fasst.
Remscheider Senioren können sich noch gut an die Blütezeit der Kirmes erinnern. Für sie fällt ein Vergleich der Kirmes von früher mit der von heute ernüchternd aus. Christoph Lange sieht das realistisch: An der Aufgabe, den alten Glanz wiederherzustellen, würden wir wahrscheinlich zerbrechen! Uns würde es schon reichen, wenn die Sommerkirmes das Ausmaß der Mai-Kirmes hätte! Die sei eine gute Hausnummer, bestätigt Frank Schmidt.
Der Schützenverein ist guter Hoffnung, dass es mit der Sommerkirmes Schrittchen für Schrittchen wieder nach oben geht. Für das Jahr 2014 hat der Schützenverein bereits zahlreiche Bewerbungen von Schaustellern vorliegen und sogar einige Verträge abgeschlossen. Lange: Einige Schausteller haben uns gesagt, sie wollten es wieder versuchen. Aber für die Betreiber großer Fahrgeschäfte ist das Wagnis noch zu groß! Ergebnis: In den einzelnen Kirmessparten ist das Angebot nicht bombastisch, aber es wird doch für jedes Alter etwas geboten!
Ein Festzelt wird es auf der Remscheider Sommerkirmes auch künftig nicht geben. Das Risiko ist uns bei Fixkosten von 15.000 bis 20.000 Euro ohne Programm einfach zu groß, sagte Lange gestern. Und Schmidt berichtete, in Radevormwald hätten die Schützen auf ein Zelt verzichtet und feierten inzwischen in Saal,. Der bekannte Schausteller äußerte sich auch zu Lennep: Die dortige Pfingstkirmes lohne sich für die Schausteller gerade mal so eben mit einem blauen Auge. Aber die beiden Lenneper Schützenvereine an einen Tisch zu bekommen mit dem Ziel eines gemeinsamen Festes das sei leider ein Ding der Unmöglichkeit gewesen. Und was mit dem DOC auf die Schützen als Kirmesveranstalter zukommt, steht noch in den Sternen!