Waterbölles-Kommentar
Der Bochumer Stadt- und Immobilienentwickler Edgar Neufeld (Standortentwicklung Neufeld) hat der Remscheider Alleestraße in der jüngsten Mitgliederversammlung der ISG Alleestraße gute Zukunftschancen attestiert und diese mit einem 114 Seiten umfassenden immobilienwirtschaftliches Handlungskonzept belegt. Darin spielen allerdings die drei Pavillons in der Fußgängerzone zwischen Zange und Markt keine Rolle. Neufeld betrachtet sie eher als Hemmschuh, als Frequenzblocker, als Stopper, die einen Infarkt auslösen könnten, würde es sich bei der Einkaufsmeile um eine Hauptschlagader handeln. Und deshalb plädiert er für den Abriss aller drei Pavillons, wie das im Mai 2015 schon einmal die Stadtverwaltung getan hatte. Leider ohne großen Erfolg: Am 18. Juni 2015 beschloss der Rat der Stadt mit knapper Mehrheit (26:24) dass die beiden oberen Pavillons nicht abgerissen werden. Beantragt hatte das die SPD-Fraktion aufgeschreckt durch Bürger-Plädoyers für den Erhalt der Häuschen und mögliche Abbruchkosten von rund 800.000 Euro , was der Waterbölles damals als einen peinlichen Schnellschuss kommentierte.
Nun also bezeichnet ein Experte die Pavillons als städtebauliches Problem und scheute nicht vor kernigen Sprüchen zurück: Die Pavillons würden den Blutfluss in der Lebensader Allee verstopfen, wird Eugen Neufeld von der Bergischen Morgenpost zitiert. Weg also mit Eiscafé und China-Imbiss? Keineswegs, meint Neufeld und verweist auch die gerade im Umfeld der Pavillons besonders auffälligen Geschäfts-Leerstände. Dort könnten die gastronomischen Betriebe problemlos untergebracht werden, unter Umständen sogar nach Zusammenlegung von zwei benachbarten Ladenlokalen. Neufeld sähe darin mehr kulinarisches Lebens auf der Allee, vor allem aber wäre dann, nach dem Abbruch der drei Häuschen, die Allee endlich wieder als Ganzes erfahrbar. Damit sprach der Berater der ISG Alleestraße deren Geschäftsführer Ralf Wieber, Vorsitzender des Marketingrates RS-Innenstadt, offenbar aus dem Herzen. Wieber wusste den ISG-Mitgliedern zu berichten, dass wegen der fehlenden Sichtachse ein großer Textiler es abgelehnt habe, an der Alleestraße zu eröffnen.
Von einem hervorragenden Konzept hatte Wieber (CDU) gesprochen, als die Stadtverwaltung am 22. Oktober 2014 in der Bezirksvertretung Alt-Remscheid ihre Planungen zur Aufwertung der Innenstadt präsentierte. Das Konzept zur Revitalisierung der Innenstadt Remscheid 2020 habe das Ziel, so die Verwaltung damals, Barrieren im öffentlichen Raum abzubauen, öffentliche Plätze und Wegeverbindungen aufzuwerten sowie Sichtachsen und Blickbeziehungen freizustellen und hervorzuheben. Dem stünden die Pavillons entgegen; sie würden als Gestaltungsdefizit wahrgenommen. Nach ihrem Abriss werde die Alleestraße wieder als Hauptachse in der Remscheider Innenstadt erlebbar und auch die Sichtbeziehung zu Stadtkirche, auf die sich die Alleestraße nach unten ... bezieht, wieder hergestellt.
Schon in der offenen Bürgerwerkstatt am 3. Juli 2012 hatten Bürger die Bauten als störendes Element bezeichnet. Darauf verwies die Verwaltung im November 2014, als sie aus der vom Haupt- und Finanzausschuss am 6. Dezember 2012 beschlossen Dokumentation zu dieser öffentlichen Veranstaltung zitierte.
Darin waren die Pavillons u. a. so bewertet worden:
- Im Hinblick auf ihre architektonische Qualität als auch ihre Standorte eher eine Belastung als eine Stärke für den Standort. (Seite 8, unter Analyse des Standortes)
- Die Pavillons werden architektonisch und städtebaulich als sehr negativ empfunden und führen nach Ansicht verschiedener Teilnehmender optisch, wie auch funktional, zu einer Teilung der Alleestraße. (Seite 12, unter Schwächen des Standortes der Arbeitsgruppe Städtebau & Verkehr)
- Mittel- bis langfristig sollte auf die Pavillons verzichtet werden. (Seite 14, unter Planung & Maßnahmenvorschläge der Arbeitsgruppe Städtebau & Verkehr)
Das Ewald Neufeld nun für die untere Alleestraße ab Markt Autoverkehr im Schritttempo empfiehlt zwecks besserer Erreichbarkeit, spricht ebenfalls gegen die Pavillons, jedenfalls den nächst gelegenen an der Mandtstraße.
Fazit: Die Kommunalpolitiker hätten genug gute Gründe, ihre Entscheidung von Juni 2015 zu revidieren.