Vier Sondersitzungen für zwei Jahrmärkte hatte der Waterbölles am 26. März für den gestrigen Montag im Remscheider Rathaus angekündigt von Umweltausschuss, Bezirksvertretung Alt-Remscheid, Bezirksvertretung Lennep und Rat der Stadt. Und die Tagesordnungen waren nahezu identisch. Es ging um Verordnungen über das Offenhalten von Verkaufsstellen für die Veranstaltung Lennep blüht auf am 15. April in der Lenneper Altstadt und für einen Jahrmarkt der Gilde der Marktschreier am 29. April auf der 750 Meter langen Fußgängerzone der Alleestraße zwischen Einmündung Daniel-Schürmann-Straße und Markt. Für beide Veranstaltungen fand sich gestern eine deutliche Ratsmehrheit. Das erlaubt es den Einzelhändlern in diesen Bereichen, ihre Geschäfte an den genannten Sonntagen zwischen 13 und 18 Uhr offenzuhalten.
Im Namen der Fraktion der Linken sprach sich Brigitte Neff-Wetzel, wie in ähnlichen Fällen in der Vergangenheit, entschieden gegen die beantragten verkaufsoffenen Sonntage aus. Die Gründe gegen die Ladenöffnungen am Sonntag haben sich nicht geändert. Der Schutz des Sonntags ist in der Verfassung auch in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung garantiert. Jeder zusätzliche weitere verkaufsoffene Sonntag weicht diesen Schutz auf. Der freie Sonntag dient der Ruhe, der Erholung, der Besinnung. Er gilt als Symbol der Freiheit von Arbeit und alltäglichen Zwängen. Der freie Sonntag soll Zeit bieten z.B. für die Familie, für Freunde, für Hobbies. Für jede Gesellschaft sind gemeinsame Zeiten der Ruhe und der Arbeit notwendig. Wenn alle Familienmitglieder aneinander vorbei arbeiten und vorbei konsumieren, wird jedes Familienleben noch schwieriger zu organisieren. Gerade Frauen, die mindestens zwei Drittel der Beschäftigten im Einzelhandel ausmachen und für die die Probleme bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf keineswegs gelöst sind, sind durch die weiteren Ladenöffnungen am Sonntag mal wieder überproportional getroffen. Die Ladenöffnungen werden auf dem Rücken von Frauen - insbesondere Müttern -ausgetragen!
Vor der Sitzung Bevor gestern die Sondersitzung des Rates zu den beiden verkaufsoffenen Sonntag in Alt-Remscheid und Lennep begann, bat Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz die Ratsmitglieder um eine Schweigeminute für die Opfer der Amokfahrt eines Jahre alten Deutschen in Münster, bei der eine 51-jährige Frau aus dem Kreis Lüneburg und ein 65-jähriger Mann aus dem Kreis Borken gestorben und mehr als 20 Menschen verletzt worden waren; vier Menschen hatten schwerste Verletzungen davongetragen. Zuvor hatte der OB einen Brief verlesen, den er heute seinem Münsteraner Amtskollegen Markus Lewe geschrieben hatte: Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, lieber Markus, mit Entsetzen habe ich die Ereignisse des vergangenen Samstags in deiner Stadt verfolgt. Die Bilder werden mir lange im Gedächtnis bleiben. Ich bin erschüttert,- dass ein Mensch, der sich offenbar in einer psychischen Ausweglosigkeit befand, nicht nur sich, sondern andere mit in den Tod gerissen und viele andere schwer verletzt hat. Ich möchte dir meine tief empfundene Verbundenheit vermitteln und die Anteilnahme des Rates der Stadt. Wir stehen gedanklich ah der Seite aller Bürgerinnen und Bürger deiner Stadt und zollen dir und allen Menschen in Münster unseren großen Respekt. Die Bilder der Trauerfeier, die große Anteilnahme und Hilfsbereitschaft aller sind ein Zeichen für eine große Solidarität in deiner Stadt. |
Natürlich brauche die Gesellschaft sonntags eine Grundversorgung, z.B.: an Energie, Verkehrstechnik oder Heil-, Pflege- und Notfalleinrichtungen, meinte die Sprecherin der Linken. Das diene dem Schutz und dem Wohl der Mitglieder einer Gesellschaft. Aber der Verkauf von Konsumgütern gehört definitiv nicht dazu. Wir sehen in den zusätzlichen Ladenöffnungen am Sonntag einen weiteren Schritt in eine zunehmende Kommerzialisierung aller Lebensbereiche. Die ganze Welt ein einziges riesiges Einkaufscentrum. Man kann es auch so ausdrücken: Ohne Sonntage gibt's nur noch Werktage. Wer will das schon? Wir jedenfalls nicht!
In der Sitzung der Bezirksvertretung Alt-Remscheid hatten sich vor der Ratssitzung elf Mitglieder für den verkaufsoffenen Sonntag ausgesprochen und drei dagegen; zwei Mitglieder enthielten sich der Stimme. Das Ergebnis im Umweltausschuss: Zehn Ja- bei fünf Gegenstimmen und einer Enthaltung. In der Sitzung der Bezirksvertretung Lennep fiel das Votum zugunsten des verkaufsoffenen Sonntages einstimmig aus. Das Ergebnis im Umweltausschuss war bei Lennep nicht anders als bei Alt-Remscheid: Zehn für Ja- bei fünf Gegenstimmen und einer Enthaltung.
In der Ratssitzung zählte der Oberbürgermeister für den Verkaufssonntag in Alt-Remscheid 30 Ja- und 13 Nein-Stimmen (keine Enthaltungen), für die Veranstaltung Lennep blüht auf 30 Ja und 14 Nein-Stimmen. An der Abstimmung zu Alt-Remscheid hatte Ralf Wieber als Vorsitzende des Marketingrates nicht teilnehmen dürfen. Vor der Abstimmung zu Lennep betonte er seine Unterstützung. Eine Vorahnung. So kann ihm die 14. Nein-Stimme nicht zugerechnet werden.
Die Gegenposition zu den Linken hatte in der kurzen Aussprache vor den beiden Abstimmungen Philipp Wallutat (FDP) deutlich gemacht: Er habe schon früher für verkaufsoffene Sonntage votiert und werde das auch jetzt wieder tun. Er freue sich auf die Abstimmung auf n euer gesetzlicher Grundlage. Verkaufsoffene Sonntags würde n die Innenstadt und ihren Einzelhandel stärken und Umsätze wie Arbeitsplätze sichern helfen. Eine Ansicht, die auch Karl Heinz Humpert (CDU) vertrat, früher ein erklärter Gegner der verkaufsoffenen Sonntage. Durch diese könne der Einzelhandel dem Internet Paroli bieten, meinte Humpert gestern.
Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU, Sven Wolf und Jens Peter Nettekoven, erklärten, beide Abstimmungen seien innerhalb ihrer Fraktionen freigegeben. Christine Krupp SPD-Unterbezirksvorsitzender und von Beruf Gewerkschaftsfunktionärin, kritisierte, dass der verkaufsoffene Sonntag am 29. April den Arbeitnehmern ein verlängertes Wochenende (mit dem 1. Mai) zerschießen werde (sie stimmte spätere dagegen).
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