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Der Kampf der bergischen Kleinschmiede um ein Privileg (I)

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Als um die Mitte des 18. Jahrhunderts der Niedergang des Sensenhandwerks klar vor Augen lag, kam manchen Kleinschmieden der Gedanke, durch Erlangung eines Privilegs ihr blühendes Gewerbe vor einem ähnlichen Geschick zu bewahren. Diese Bestrebungen wurden aber von den Kaufleuten sehr ungern gesehen, und es setzte ein langjähriger Kampf ein. Die Klagen und Widerklagen der Parteien füllen eine Reihe von umfangreichen Bänden in dem Aktenstand des Jülich-Bergischen Geheimen Rats. In diesem Kampf der Geister vertraten die Kleinschmiede den Gedanken des zunftmäßigen Zusammenschlusses, während die Kaufleute für Handels- und Gewerbefreiheit ihre Stimme erhoben. Am 20. Januar 1759 wandten sich die Kleinschmiede nach Düsseldorf mit der Bitte um landesherrlichen Schutz durch Verleihung eines Privilegs unter der Begründung, dass eine zügellose Freiheit zu allerhand Unordnung und zum „Verderben des gemeinen Wesens" gereiche. Dass der Niedergang des Sensenhandwerks durch den Zunftzwang verursacht worden sei, wollten sie nicht gelten lassen, sondern machten die Eisen- und Stahlhändler dafür verantwortlich, die den Preis für 1.000 Pfund Stahl um 15 und für 1.000 Pfund Eisen um zehn Reichsthaler erhöht hätten. Sie beklagten sich bitter, dass auch das Kleinschmiedehandwerk unter dieser Teuerung der Rohstoffe schwer zu leiden habe, da seine Erzeugnisse im Preise nicht gestiegen seien und die Kaufleute den Schmieden die Löhne noch mehr herunterdrücken wollten.

Die Eingabe der Kleinschmiede war von folgenden Vertretern unterzeichnet: Johannes Engelbert Henckels, Christoffel Kothhaus, Wilhelmus Scherber, Peter Hessenbrock, Johann Wilhelm Hessenbrock, Johannes Berger, Engelbert Brandscheidt, Johann Kasper Kornbusch, Engelbert Halbach, Friedrich Herberg und Consorten. Der Elberfelder Amtmann Freiherr von Schirp als Obervogt des Sensenhandwerks trat für die Leute ein; aber die Erwiderung der Gegenpartei ließ nicht lange auf sich warten. Die Führer der Kaufleute waren die Gebrüder Busch, die Gebrüder Honsberg und Johann Peter Hilger. Sie suchten den Ausführungen der Kleinschmiede in einer längeren Eingabe zu begegnen. Die von ihnen zur Begründung angeführten Beispiele machen zum Teil den Eindruck der Kleinlichkeit. So wird u. a. behauptet, dass unter den Kleinschmieden einige seien, die nachgewiesenermaßen täglich mit Hilfe eines Knechtes einen Goldgulden und mehr verdienten, so dass sie sich des Nachmittags einen französischen Sprachmeister halten könnten. Ferner bezichtigten die Kaufleute ihre Gegner der Unwahrheit, indem sie behaupteten, dass sie ihre Löhne viel zu niedrig angegeben hätten. „Nur die Tagelöhner, die nichts vom Handwerk verständen und ihre rauhe Arbeit mit sogenanntem Draufschlagen verrichteten", verdienten täglich nebst der Kost 7,5 bis 9 Stüber, die Meister aber, wie bemerkt, mit einem Knecht über einen Goldgulden.

Zur Bestätigung, dass Handel und Gewerbe am besten in völliger Freiheit gedeihen könnten, verweisen die Kaufleute auf Holland und prophezeien ihren Gegnern, „dass sie bei ihrem eigensinnigen Verharren dasselbe Schicksal haben würden, wie die zum Brandenburgischen transferierte Sensenfabrik". Bemerkenswert ist die Angabe der Kaufleute, dass die Schmiede in ihrer freien Zeit sich in der französischen Sprache zu bilden versuchten. Wir haben hier einen Beweis für das Streben der Bergischen Gewerbetreibenden, sich emporzuarbeiten und selber Handelsbeziehungen anzuknüpfen, wozu der Gebrauch des Französischen damals unerlässlich war. Hatten doch die meisten Kaufleute und wahrscheinlich auch die Beschwerdeführenden oder ihre Väter selber einst als Schmiede vor dem Amboß gestanden.

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