Der Konflikt ist geradezu klassisch: Auf der einen Seiten ein Betrieb, den es zu erhalten gilt, der Menschen Arbeit und Einkommen gibt und der Stadt Remscheid Steuern. Und auf der anderen Seite Anwohner, die sich über Verkehrslärm und Motorabgase ärgern und sich um die Sicherheit ihrer Kinder auf der schmalen Sackgasse sorgen, über die schwere Lastzüge 40-Tonner die Firma mit Rohmaterial beliefern und Fertigteile abtransportieren. Ein Dilemma, das so schon seit Jahren existiert und auch schon den städtischen Beschwerdeausschuss beschäftigt hat, ohne dass sich daran grundlegend etwas geändert hätte.
Die Rede ist von der kleinen Hofschaft Holz. Anlieger Im Holz haben unterschiedliche Interessen, titelte der Waterbölles am 29. September 2016. Und am 8. November 2016 griff er eine Stellungnahme der Verwaltung für den Beschwerdeausschuss auf, an den die Anwohner sich schon am 21. Juni 2016 gewandt hatten, ohne dass das Thema bis dahin dort zur Sprache gekommen war: Unter Berücksichtigung des betrieblichen Bestandsschutzes sei ein neues Baugenehmigungsverfahren notwendig, so die Bauaufsichtsbehörde damals. Zitat: "In diesem Verfahren werden maßgebliche Regelungen zu Immissionsschutz, Arbeitszeiten, Schichtarbeit und zum Lieferverkehr etc. ... geprüft und geregelt! Geregelt ist bis heute nichts! Und so wandten sich ein Ehepaar aus der Nachbarschaft der Holzer Firma gestern direkt an den Rat der Stadt und fragte nach: Was gedenkt die Stadt Remscheid zu tun, und vor allem wann? Und: Geht von dem früheren galvanischen Betrieb und der Härterei hinter dem Betriebsgebäude eine Gefahr für Mensch und Umwelt aus (Altlasten)?
Für die Verwaltung antwortete Rechtsdezernentin Barbara Reul-Nocke: Die Straße Holz ist eine öffentliche Straße ohne überörtliche Bedeutung, die vorwiegend dem Ziel- und Quellverkehr der Anlieger dient, wozu auch die dort ansässige Firma zählt. Die Nutzung der Straße ist auf keine Verkehrsart beschränkt und kann auch mit LKW befahren werden. Die Straßenverkehrsbehörde kann den Verkehr zum Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung zwar grundsätzlich beschränken, ein Anliegerverkehr ist aber weiterhin zu gewährleisten. Die Anlieferung der ansässigen Firma fällt aber unter den Anliegerverkehr und kann daher mit Regelungen nach der Straßenverkehrsordnung nicht verhindert werden. Aus Sicht des betrieblichen Immissionsschutzes wurde die Verkehrssituation (Be- und Entladen von Lkws) auf dem Grundstück Holz 44 bezüglich Lärm an den angrenzenden Wohnhäusern (u.a. Holz 43 c) in einer vergangenen Beschwerde (06.03.2015) immissionsschutzrechtlich betrachtet. Dabei ist als Ergebnis festgestellt worden, dass der gebietsbezogene Immissionsrichtwert (Mischgebiet) von 60 dB(A) am Tag (06:00 bis 22:00 Uhr) durch die Ladevorgänge eines LKWs von 45 minütiger Dauer, gemittelt über den Beurteilungszeitraum von 16 Stunden, nicht überschritten wird.
Die Firma ist aufgefordert, zur Verbesserung der Ladesituation eine Lieferzone auf dem eigenen Grundbesitz einzurichten. Hierzu hat es in der Vergangenheit intensive Gespräche zwischen dem Eigentümer der Firma, der Wirtschaftsförderung, der Stadtplanung und der Bauaufsicht der Stadt Remscheid gegeben. Innerhalb der letzten Gespräche im letzten Jahr wurde durch den vom Eigentümer beauftragten Architekt ein Konzept vorgestellt, welches das Entladen der Anlieferfahrzeuge in einem neu zu bauenden eingehausten Bereich vorsieht. Diese Planung setzt zur Realisierung Flächenankäufe privater und städtischer Flächen voraus. Die zur Umsetzung benötigten Flächen befinden sich mittlerweile, durch den zuletzt durch die Politik beschlossenen Verkauf einer städtischen Fläche am Ende des letzten Jahres, im Zugriff der Firma. Ein entsprechend erforderliches Baugenehmigungsverfahren kann nunmehr seitens des Eigentümers weiter betrieben werden. Hierzu stehen die Wirtschaftsförderung und die Bauaufsicht der Stadt Remscheid in einem engen Kontakt zu diesem. Mit Eingang der Antragsunterlagen wird das Baugenehmigungsverfahren zeitlich mit der höchsten Priorität durch die Untere Bauaufsichtsbehörde der Stadt Remscheid betrieben werden, um hier schnellstmöglich unter Würdigung aller erforderlichen Belange zu einem Abschluss des Verfahrens zu gelangen.
Und zur Frage nach eventuellen Altkasten: Auf dem Grundstück Holz 43(d) befand sich hinter den heutigen Garagen von ca. 1955 bis 1968 eine Galvanik. 1975 erfolgte der Rückbau des Gebäudes. Heute ist hier eine Freifläche. Auf dem Grundstück Holz 44 war im Zeitraum von ca. 1912 bis 2010 eine Werkzeugfabrik mit Härterei ansässig. Hier befindet sich heute ein metallbearbeitender Betrieb. Zu den beiden angefragten Grundstücken liegen bislang keine Bodenuntersuchungen mit einer Gefährdungsabschätzung vor. Aufgrund der bekannten Vornutzungen werden diese Grundstücke im Altlasten- und Verdachtsflächenkataster als altlastverdächtige Flächen geführt. Sollten auf den Grundstücken Nutzungsänderungen oder Baumaßnahmen erfolgen werden seitens der unteren Bodenschutzbehörde, Bodenuntersuchungen zur Erstellung einer Altlastengefährdungsabschätzung von der Bauherrschaft bzw. vom Grundstückseigentümer oder von der Grundstückseigentümerin im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens gefordert. Eine Gefahrenbeurteilung der Grundstücke ist erst nach dem Vorliegen aussagekräftiger Bodenuntersuchungen möglich.
Wann diese vorliegen werden, sagte die Verwaltung gestern nicht. Hier stehe die Politik in der Verantwortung, meinte Fritz Beinersdorf, der Faktionsvorsitzende der Linken. Wir sollten die Verwaltung auffordern tätig zu werden! Auch wegen der unbefriedigenden Verkehrssituation fühlten sich die Bürger von der Verwaltung alleine gelassen, ergänzte Waltraud Bodenstedt (W.i.R.) Sprecher von CDU und SPD äußerten ebenfalls Verständnis für die Sorgen der Anwohner, schlossen sich aber der Stellungnahme der Verwaltung an. Der darin enthaltene Satz Mit Eingang der Antragsunterlagen wird das Baugenehmigungsverfahren zeitlich mit der höchsten Priorität betrieben werden, sagt nichts darüber aus, wann die Firma einen Bauantrag stellen wird.