Zur Sitzung des Hauptausschusses und Ausschuss für nachhaltige Entwicklung, Digitalisierung und Finanzen am 18. August haben die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP den Antrag gestellt, die Verwaltung möge einen Härtefallfonds einrichten, um denjenigen Haushalten zur Seite zu stehen, die angesichts der explodierenden Energiepreise drohen, in Zahlungsschwierigkeiten zu geraten. Die Einrichtung des Fonds soll unter dem Vorbehalt erfolgen, dass Bund und Land keine ausreichenden Hilfsangebote schaffen. Zur Finanzierung dieses Fonds schlagen die Fraktionen vor, die Gewinnausschüttung der Stadtwerke aus 2021 an die Stadt heranzuziehen. Und sie bitten die Verwaltung, ihrerseits auf die Mitgesellschafter der ewr zuzugehen und sie aufzufordern, sich an einem solchen Fonds zu beteiligen.
Antragsstellerinnen und Antragssteller sollen von Stadtwerken und Verwaltung verpflichtend zum sparsamen Umgang mit Strom und Gas beraten werden. Der Energiesparscheck der Caritas und die Beratungen der Verbraucherzentrale seien hierbei unverzichtbare Komponenten. Des Weiteren haben die drei Fraktionen beantragt, die Verwaltung möge prüfen und ggf. Gespräche mit möglichen Trägern aufnehmen, ob sich die Kapazitäten der Energieberatung in Remscheid dauerhaft steigern ließen.
In der Begründung heißt es: Durch den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der russischen Regierung auf die Ukraine, kommt es zu einem massiven Anstieg der Gaspreise. Inzwischen musste auch die städtische Tochtergesellschaft mit Preisanpassungen zum 1. August hierauf reagieren. Bereits in der zweiten Jahreshälfte 2021 haben die Preise für Erdgas und Erdöl deutlich angezogen. Hinzu kommt nun die von Russland aktiv betriebene Verknappung von Gas. Auch die von der EU gegenüber Russland verhängten Sanktionen tragen weiter zur Verteuerung von Energie bei. Existenzängste sind zwischenzeitlich deutlich spürbar! Gerade diejenigen, die mit ihrem Geld ohnehin schwerlich über die Runden kommen, brauchen dringend unsere Hilfe. Besonders diejenigen, deren Wohnungskosten nicht bereits durch staatliche Transferleistungen übernommen werden. Für diese Haushalte, die keine staatlichen Hilfen beziehen, bedeuten die aktuellen Vorauszahlungen für Gas die größte Herausforderung.
Die russische Regierung nimmt diese Krise bewusst in Kauf, um unsere demokratischen Zivilgesellschaften auseinander zu bringen. Unsere Antwort muss Solidarität mit und untereinander sein. Mit dieser Krise stehen wir nun erneut vor einer großen Bewährungsprobe für unsere Demokratie. Unser Nachbarland Österreich hat bereits Vorschläge zur Dämpfung der Energiepreise erarbeitet. Auch das Bundesland Niedersachsen hat sich bereits mit verschiedenen Akteuren zusammengesetzt, und ein Handlungskonzept zur Abfederung der sozialen Notlage vorgestellt. Vorrangig sind die oberen staatlichen Ebenen von Bund und Land gefordert, diese sozialen Härten abzufedern. Es ist eine dringende politische Aufgabe, insbesondere Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu entlasten.
Schon bei der Aufnahme von Menschen auf der Flucht oder der gemeinsamen Bekämpfung einer Pandemie standen die Städte und Gemeinden bereit, um diese Herausforderungen vor Ort zu bewältigen. Bundesregierung und Regierungsmehrheit im Deutschen Bundestag haben bereits mehrere Entlastungen auf den Weg gebracht:
- Wegfall der Umlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), Zeitweise Senkung der Energiesteuer auf Kraftstoffe,
- Einführung des ÖPNV-Tickets für monatlich neun Euro für die Monate Juni bis August 2022,
- Erhöhung der Entfernungspauschale für Fernpendlerinnen und -pendler,
- Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags um 200 Euro,
- Erhöhung des Grundfreibetrags bei der Einkommensteuer um 363 Euro,
- Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro für Erwerbstätige,
- Einmalzahlung für Erwachsene, die Leistungen der sozialen Sicherungssysteme erhalten, in Höhe von 200 Euro,
- Einmalzahlung in Höhe von 100 Euro für alle Bezieher von Arbeitslosengeld, Einmalbonus in Höhe von 100 Euro für jedes kindergeldberechtigte Kind,
- Monatlicher Sofortzuschlag für von Armut betroffene Kinder und Jugendliche in Höhe von 20 Euro,
- Heizkostenzuschuss für Wohngeldhaushalte nach Haushaltsgröße.
Gleichwohl reichen diese Entlastungen noch nicht aus. Um soziale Härten abzufedern, sind laufende Unterstützungen für alle Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen erforderlich. Die Landes- und Bundespolitik sollte in dieser Situation die Kommunen mit den Kosten nicht alleine lassen. Wenn keine weiteren und zusätzlichen staatlichen Hilfen aus Berlin oder Düsseldorf kommen, muss Remscheid sich und den hier Betroffenen erneut selbst helfen. Wir wissen, dass unsere finanziellen Möglichkeiten begrenzt sind, stehen aber gleichzeitig in der Verantwortung, den Menschen hilfreich zur Seite zu stehen. Niemand darf im Winter in seinen eigenen Räumlichkeiten frieren, niemand darf vor die Alternative gestellt werden, entweder sich eine warme Wohnung oder eine gute Versorgung der eigenen Familie erlauben zu können. Wir sollten uns darüber einig sein, dass gerade die wirtschaftlich Schwächsten in dieser Krise unsere Unterstützung brauchen. Unsere Stadt, unsere Wirtschaft, alle Bürgerinnen und Bürger, wir alle sitzen in einem Boot. Nur mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung werden wir die Folgen der drohenden Energiemangellage abwenden können. Die schon häufig zitierten Worte wir schaffen das waren noch nie so notwenige Mutmacher wie zurzeit."