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Erstes Eisen kam aus Luppen- oder Wolfsöfen

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Rennofen aus der „Mul" bei Hückeswagen. Ausgegraben v. W. Blankertz, jetzt im Heimatmuseum RemscheidUm die Mitte des 13. Jahrhunderts — in den Hansekontoren sogar bis ins 16. Jahrhundert hinein — wurde das „Land von dem Berge" noch zu Westfalen gerechnet. Das bezeugen nicht nur zahlreiche Urkunden, sondern ausdrücklich auch Bartholomäus Anglicus. Dieser Minderbruder, ein Engländer von Geburt, der damals als Lektor seines Klosters in Magdeburg lebte, hat um 1240 in seinem „Liber de proprietatibus rerum" [Buch von den Eigenschaften der Dinge) sein Wissen von Westfalen im Zusammenhang einer enzyklopädischen Weltbeschreibung niedergelegt. Er ist es, der erstmalig von Westfalen sagt: „habet. . . montes fertiles in metallis" — es hat Berge, die Metalle in sich tragen. Westfälisches Metall aber — wobei man namentlich an Eisen denken muss — war, wie Bächtold sagt, „natürlich deshalb bekannt, weil es lebhaft abgebaut wurde und wohl auch, weil es, unverarbeitet oder verarbeitet, in der Fremde Absatz fand."

Dieser Meinung entspricht es, wenn die Utrechter Zollrolle von 1122 die westfälischen Kaufleute nennt, die mit Eisen und Stahl handeln, und wenn die Verhältnisse des Kölner Marktes sowie die 1322 und 1340 von den Kaufleuten aus Westfalen und Preußen gemeinsam erworbenen Handelsprivilegien in Hennegau und Flandern deutlich machen, dass die Westfalen seit alters vorwiegend Eisen und Stahl zur Ausfuhr brachten und besonders auch in Köln verkauften. Der Handel der Kölner mit westfälischem Stahl nach England soll sogar der dortigen Faktorei der Hanse den Namen curia calibis, Steel Yard, Stahlhof [später Stalhof) gegeben haben. (...)

Als älteste Eisengewinnungsanlagen des Bergischen Landes sind die Luppen- oder Wolfsöfen anzusehen, deren Verhüttungsrückstände zum Teil noch vorhanden sind und in Form humusbedeckter und baumbewachsener Schlackenhaufen auf ihr einstiges Bestehen hinweisen. Solche Haufen von Eisenschlacken sind vor allem im Oberbergischen — in den Bezirken der ehemaligen Ämter Steinbach und Windeck — und im Bereich des Wuppervierecks — in den früheren Amtsbezirken Bornefeld-Hückeswagen, Beyenburg-Barmen und Elberfeld — nachzuweisen. Allein im Hückeswagener und Radevormwalder Gebiet sind deren bei planmäßiger Suche durch W. Blankertz etwa 120—140 festgestellt worden. Weitere konnten im Burgholz bei Cronenberg und in dem bewaldeten Quellgebiet der Gelpe zwischen Dorn, Capelle und Baur im einstigen Grenzsaum zwischen Elberfeld und Lüttringhausen, einzelne auch in Pohlhausen bei Wermelskirchen und an anderen Stellen nachgewiesen werden. Innerhalb des ganzen Wupperbogens ist eine planmäßige Suche aber noch nicht erfolgt.

Hie und da sind auch Reste der Öfen gefunden worden, aus denen diese Schlacken stammen; einige im Remscheider und Cronenberger Raum, die besterhaltenen im Windeckschen, in Hückeswagen und in Radevormwald. Diese Ofenreste lassen erkennen, dass es sich bei ihnen um kleine, meist in den Boden eingetiefte Gebilde aus Lehm und Steinen gehandelt hat, die ohne Mühe schnell zu errichten waren. Der Form nach sind sie als bienenkorbähnliche oder birnengestaltige niedrige Schachtöfen zu bezeichnen. Die Windzufuhr erfolgte durch hand- oder fußbetätigte Blasebälge, an besonders günstigen Standorten auch wohl durch natürlichen Zug. Als Brennmaterial diente Holzkohle. Ausgeschmolzen wurde verwitterter Eisenstein, das im Tagebau gewonnene sogenannte „Moltererz".

Die Schmelzöfen der geschilderten Art werden gemeinhin als Rennfeuer bezeichnet, weil in ihnen der Eisenstein zum Rennen (= rinnen) gebracht wurde, wobei das taube Gestein als eisenhaltige Schlacke abfloss, während sich das ausgeschmolzene Eisen als teigiger Klumpen — Luppe oder Wolf genannt — auf dem Grunde des Ofens absetzte. Um es herauszuholen, musste die „Brust" des Ofens aufgebrochen werden. In den Rennfeuern wurde also das Eisen in direktem, unmittelbarem Verfahren gewonnen, anders als in den heutigen Hochöfen, in denen Roheisen anfällt, das erst in einem zusätzlichen Frischverfahren durch Kohlenstoffentzug in schmiedbares Eisen umgewandelt wird. In den Rennfeuern haben einst die Bauern das für den Hausgebrauch benötigte Eisen selbst erzeugt und sowohl ihr Arbeitsgerät wie auch Nägel, Beschläge usw. daraus hergestellt.


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