Aus: Bergische Wegbahner. Persönlichkeiten und Geschlechter aus Remscheid, Lennep und Lüttringhausen. |
von Gustav Hermann Halbach
Teil 5
Schon vor dem nahtlosen Rohr hatten die Mannesmanns ihre ersten Erfindungen gemacht. Wie der Vater schon verbesserten Gussstahl herstellte, so erfanden die Söhne Max und Reinhard zusammen den sogenannten Weichkernstahl. Ihr erstes Erfinderschutzrecht erwarben die Brüder Reinhard und Max in einem deutschen Reichspatent vom 3. Juli 1878 auf einen Schallverstärker für Fernsprecher. Auch gestalteten sie eine Seemine, die sie dem preußischen Staate anboten. An der Ausarbeitung des Röhrenverfahrens beteiligten sich vorwiegend die Brüder Alfred und Karl. Ein neuer Höhepunkt in ihrem Schaffen war die Erfindung des hängenden Gasglühlichts in einer gemeinsam 1900 in Remscheid eingerichteten Versuchsstätte. 1901 erzielten Max, Karl und Otto Mannesmann mit ihrem Licht eine Gasersparnis von 60 v. H. Weiter beteiligte sich dann noch Reinhard an der Lichtvervollkommnung.
Unablässig sannen und planten die Mannesmann auf den mannigfachsten Gebieten. (...) Eine Gebrauchsmustereintragung vom 8. Mai 1908 bezieht sich überraschenderweise auf ein Wein-Thermometer, um die für die verschiedenen Weinsorten geeigneten Trinkwärmegrade zu erzielen, wenn sie den höchsten Wohlgeschmack haben sollen. Bordeaux- und Burgunderweine müssen bekanntlich erheblich wärmer sein als die Rhein-, Mosel- und Saarweine. Am kältesten müssen Schaumweine getrunken werden.
Reinhard d. J. erwies sich nicht nur als weitblickender Werkwalt und tiefsinniger Erfinder im deutschen Großgewerbe, sondern auch als Entdecker und Kaufmann durch und durch, dessen Name und ebenfalls der seiner Brüder mit der auswärtigen Politik des einstigen deutschen Kaiserreichs eng verknüpft worden ist. Von 1906 an bis zum Ausbruche des ersten Weltkriegs 1914 widmete Reinhard einen großen Teil seiner Zeit der Erschließung des bis dahin fast unbekannten Marokko. Er hat damals eine ganze Reihe von Kundfahrten in das Innere und in vielfach noch nie von Europäern betretene Gebiete von Marokko unternommen und damit eine ungeheure mannhafte, wagemutige und kühne europäische Wegbahnerarbeit und Gipfelleistung vollbracht. Er wollte die von ihm entdeckten unendlichen Erz- und Bodenschätze des Landes der deutschen Eisenwirtschaft nutzbar machen. Es gelang ihm, von zwei Sultanen über zweitausend Bergwerksberechtsamen zu erhalten. Wie wichtig diese waren, bezeugt ein von den damaligen Großmächten einberufenes überstaatliches Schiedsgericht, um möglichst die deutschen Bergfreiheiten und Begünstigungen zu beschneiden und den überragenden Anteil des Bergbaus nicht in deutschen Händen zu belassen. Die größten Rechtslehrer der europäischen Völker haben sich damals einstimmig für die Rechtsgültigkeit dieser an Mannesmann erteilten Berechtsamen ausgesprochen, so außer denen von Deutschland England, Frankreich, Österreich, Italien und Spanien. Unter dem Namen Marokko-Mannesmann-Kompanie schuf Reinhard Mannesmann 1909 mit seinen Brüdern ein ausgedehntes Unternehmen, in dem Karl Mannesmann Vorsitzer des Aufsichtsrats wurde. Große Werke und 14 Handelshäuser errichtete man. An Ländereien und Ackerland erwarb die Gesellschaft ein Gebiet von etwa 90.000 Hektar. 2.000 Erzberechtigungen besaß sie. Vor allem förderte man die Landwirtschaft.
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